Business Agility:
Ein neues Paradigma im Zeitalter der Agilität

In der Geschäftswelt hat sich der Begriff „Agilität“ in den letzten Jahren stark manifestiert. Softwareentwicklung, Prozesse und Strukturen sind von dieser Dynamik erfasst worden. Das Konzept der Agilität ist umfangreich, warum also sprechen wir nun von Business Agility?

Das Konzept der Agilität und warum auch noch „Business Agility“?

Das Kernprinzip, die Entscheidungsfindung an ein funktionsübergreifendes Team zu delegieren, wurde durch den Vater der Unternehmensagilität Lee Iacocca in das Denken eingebettet. Agiltät hat durch das Agile Manifest Anfang der 2000er zu einer starken Veränderung in der Softwareentwicklung geführt. Das Konzept hat sich aber weit über diesen Bereich hinaus entwickelt und wird heute in vielen Branchen sowie Geschäftsbereichen angewendet. Agilität und Business Agility sind eng miteinander verbunden, aber sie adressieren unterschiedliche Ebenen und Bereiche einer Organisation. Im Kern steht die Fähigkeit, schnell und effizient auf Veränderungen zu reagieren.

Wie spielen Agilität und Business Agility zusammen?

Während sich Agilität auf Teams und ihre Arbeitsweisen konzentriert, bezieht sich Business Agility auch darüber hinaus auf strategische Entscheidungen und die Gesamtausrichtung des Unternehmens. Agiles Vorgehen beschränkt sich also nicht länger auf die Teamebene, sondern bezieht sich auf Entscheidungen und das Geschäftsmodell. So kann das gesamte Zusammenspiel von der strategischen bis zu operativen Ebene Hand in Hand arbeiten und ermöglicht eine adaptive Koordination und Steuerung.

Business Agility betrachtet die Organisation als Ganzes und beschreibt die Fähigkeit eines Unternehmens, Veränderungen am Markt und im Umfeld zeitnah zu erkennen und darauf zu reagieren. Es geht darum, eine Kultur und ein Bewusstsein für die Anpassungsfähigkeit in allen Bereichen des Unternehmens zu schaffen – vom Management bis zu den Mitarbeitenden, die in direktem Kontakt zum Markt stehen. Gemeint ist also der Wandel des gesamten Unternehmens hin zu einer anpassungsfähigen und somit agilen Organisation. 

Der Weg zu Business Agility ist ein komplexer Transformationsprozess. Es ist unter anderem erforderlich, die Idee der funktionalen Organisationsstruktur aufzugeben und sich vom Arbeiten in sogenannten funktionalen Silos – wie sie in Abteilungen und Organisationsbereichen wie Vertrieb, Marketing und IT existieren – zu verabschieden. Der Fokus liegt nun darauf, crossfunktionale produktorientierte Teams zu bilden, um die Durchlaufzeiten und Feedbackzyklen zu verkürzen.

Business Agility – Vorübergehender Hype oder Gamechanger?

Einige mögen denken, dass Business Agility im Zuge der digitalen Transformation nur ein vorübergehender Trend ist. Doch betrachtet man die sich stetig wandelnde Geschäftswelt unter dem Gesichtspunkt der Ambidextrie – der Fähigkeit, sich gleichzeitig auf Exploration neuer Möglichkeiten und Exploitation bestehender Ressourcen zu konzentrieren – wird klar, dass Resilienz und schnelle Anpassungsfähigkeit für Unternehmen unerlässlich sind. Die Welt bewegt sich schneller denn je und die Fähigkeit eines Unternehmens, sich rasch anzupassen und Neuerungen voranzutreiben, ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg.

Und das gilt für alle Bereiche und Ebenen eines Unternehmens. So werden Gefahren vermieden oder ihre Auswirkungen zumindest minimiert. Ein agiles Unternehmen kann Wettbewerber ausbooten und Marktanteile gewinnen, da es schneller reagiert als andere. Für uns ist Business Agility somit keine vorübergehende Modeerscheinung, sondern ein klarer Gamechanger.

Um Business Agility zu erreichen, muss Dein Unternehmen den Fokus nicht nur auf die Mitarbeitenden und Teams legen, sondern auf die gesamte Struktur. Eine agile Transformation erfordert eine klare Vision und einen starken Fokus auf kontinuierliche Verbesserung. Eine ausgeprägte Kommunikation und ausreichend Dialog sind unerlässlich, um ein starkes Commitment innerhalb der Organisation hervorzurufen. Außerdem bedarf es der nötigen Ressourcen, um die Veränderung aktiv zu gestalten. Der Prozess kann Jahre dauern, weshalb die ersten Schritte in diese Richtung direkt angegangen werden sollten. 

Die Umsetzung sollte gemäß den Grundprinzipien der Agilität in kleinen Schritten erfolgen. Diese sollten jeweils auf gesammelte Erfahrungen und Wirksamkeit geprüft – und wenn erforderlich – entsprechend der zu erreichenden Ziele angepasst werden. Wir empfehlen, auch die ursprünglichen Ziele regelmäßig zu prüfen und anhand neuer Erkenntnisse anzupassen. So entsteht ein Verständnis für agile Vorgehensweisen. Etablierte agile Modelle wie Scrum, Kanban oder SAFe können bei der Umsetzung methodische Unterstützung bieten.

Der Prozess wird als Wertstrom mit den einzelnen Bearbeitungsstufen dargestellt. Wenn nur ein Bereich im Wertstrom agil arbeitet, beispielsweise die IT, hilft das nur in einem marginalen Teil der Prozesskette. Was machen also die anderen Fachbereiche neben der IT wie Marketing oder Vertrieb? Zielzustand ist, dass das gesamte Unternehmen – und somit der gesamte Wertstrom – agil arbeitet und reaktionsfähiger wird. Dafür muss jeder Bereich in der Prozesskette betrachtet werden. 

Business Agility erfordert technische Exzellenz und umgekehrt

Um den Zusammenhang und die Rolle der Technik im Gesamtkonzept Business Agility besser verstehen zu können, hilft eine systemische Betrachtungsweise. Unternehmen bilden unter anderem durch immer stärker werdende Digitalisierungseinflüsse ein soziotechnisches System. Vereinfacht gesagt lässt sich dies so zusammenfassen: In Unternehmen arbeiten Menschen geordnet in einer Organisationsstruktur zusammen und bedienen sich zur Erreichung der Organisationsziele diverser technischer Hilfsmittel. Die drei Komponenten sind voneinander abhängig und beeinflussen einander. 

soziotechnisches System

Um die Agilität im gesamten Unternehmenskontext zu verbessern, ist es hilfreich zu verstehen, dass isolierte Maßnahmen meist nur begrenzte Effekte erzielen können und gegebenenfalls durch andere Zusammenhänge ausgebremst werden. Beispielsweise wenn eine notwendige Veränderung von den Mitarbeitenden und der Organisation eingefordert wird, dann aber durch eine eingeschränkte Lieferfähigkeit der IT nicht oder nicht passend umgesetzt werden kann. Auf diesen Aspekt einer handlungsfähigen und lieferfähigen IT wollen wir im Folgenden genauer eingehen.

Digitale Technologien ermöglichen neue Geschäftsmodelle, welche die Anforderungen im Sinne der ganzheitlichen Business Agility innehaben. Prozesse ändern sich, datengestützte Entscheidungsgrundlagen müssen neuen Einflussfaktoren entsprechend angepasst werden und bei Projekten zu neuen Marktzugängen über digitale Services liegt Anpassbarkeit grundsätzlich in der Natur des Entwicklungsprozesses sowie dem regelmäßigen Feedback der Kunden, ob und wie dies real funktionieren kann.

Technische Exzellenz als Grundlage für eine hohe Lieferfähigkeit für IT-seitige Anpassungen und Erweiterung umfasst mehrere Aspekte. Neben der grundsätzlichen Kapazität an IT-Expert:innen sind zur Verfügung stehendes technisches Knowhow und passende methodische Ansätze zu beachten. Die Methodik betrifft dabei nicht nur die agile Arbeitsorganisation des Teams, wie beispielsweise Scrum oder Kanban, sondern auch Knowhow und methodische Ansätze zur Gestaltung der IT-Architektur. Insbesondere in der architektonischen Gestaltung der IT-Systeme liegt der zentrale Kern zur technischen Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens.

Grundsätzlich sind Technologien in soziotechnischen Systemen auch nur ein Mittel zum Zweck: Zum Erfüllen des Geschäftszwecks und der Unternehmensziele. Jedoch bedarf es dabei aufgrund der inhärenten hohen Komplexität regelmäßiger Impulse. Iterative, agile Vorgehensmodelle und die erforderliche enge Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen und der IT sind notwendig, um Lösungen so zu gestalten und anzupassen, dass sie optimalen Mehrwert liefern und eine schnelle Reaktion auf Änderungen möglich ist. Feedback-Schleifen sind von zentraler Bedeutung. Sie sind der Treiber für Veränderung, Anpassung und Optimierung.

Was ist Agilität im Kern?

Mit der Einführung von Prozessen oder Methoden ist es nicht getan. Der Mensch muss in die Reise eingebunden werden. Das Aneignen neuer Denkmuster und Bewährtes loszulassen ist häufig mit Unsicherheit und Frust verbunden. Es ist ein Kulturwandel hin zu einem neuen Mindset notwendig. Dieser beginnt mit dem aktiven Vorleben durch die oberste Führung. 

Im Kern geht es um Werte und Prinzipien unter der Herausforderung, diese auf der gesamten Unternehmensebene zu etablieren. 

Die 5 Werte der Agilität

Transparenz

Transparenz

Expertise

Offenheit

fokus

Fokus

Commitment

Commitment

Mut

Mut

Heart of Agile

Das „Heart of Agile“ als Wegweiser

Das „Heart of Agile“ ist kein Framework, sondern eher ein Kompass, um Veränderungen einfacher und gleichzeitig effektiv umzusetzen. Es besteht aus folgenden vier Feldern:

Zusammenarbeit: Eine enge Zusammenarbeit hilft dabei, bessere Ansatzpunkte zu generieren und zu entwickeln. In einer Transformation ist Kommunikation das A und O.

Verbesserung: Verbesserungspotenzial ist immer vorhanden. Man kann die Richtung einer Idee, ihre Umsetzung und die internen Prozesse immer wieder anpassen.

Reflexion: Es sollte regelmäßig eine Reflexion stattfinden, was man aus der Kollaboration und den Einführungen gelernt hat.

Abliefern: Das Einführen einer Veränderung erfolgt bestenfalls stückweise. So gelangt man zu einem vollumfänglichen Verständnis und kann flexibel und vorausschauend nachbessern.

Unternehmen müssen diese Kernaspekte beherrschen, um überhaupt ein Grundgespür für Business Agilität zu bekommen. Die Begriffe sind sehr offen gehalten, sodass jede:r die Möglichkeit hat, einen für sich passenden Weg daraus zu generieren. Die Grundlage dient dazu selbst herauszufinden, wie man besser kollaborieren, kommunizieren, verproben, lernen und reflektieren kann.

Wie misst man Business Agilität?

In Bezug auf die agile Transformation gibt es keine bestimmten, standardisierten Metriken. Es geht nicht darum, wie schnell Teams arbeiten oder wie oft Scrum in einzelnen Teams angewendet wird. Es geht um den Business-Value eines Unternehmens, indem dieses teamübergreifend zusammenarbeitet und resilient auf Veränderungen reagiert. Business Agilität lässt sich erkennen, indem die erforderlichen Normen und Verhaltensweisen identifiziert und deren Entwicklung in der Organisation bewertet werden. Da sich in einem volatilen Umfeld der Kontext einer Organisation ständig weiterentwickelt, erfordert das Erreichen von Business Agilität eine permanente Anstrengung in der Organisation. Eine externe Begleitung kann Unternehmen helfen, diese Prinzipien in die Praxis umzusetzen und messbare KPIs zu etablieren.

Weshalb sich Business Agility auszahlt

Wird Business Agilität im Unternehmen verstanden und gelebt, ergeben sich nachfolgende Verbesserungen:

  • Anpassungsfähigkeit

    Das Unternehmen ist in der Lage, seine Geschäftsmodelle, Prozesse, Produkte oder Dienstleistungen entsprechend den sich ändernden Umständen anzupassen.

  • Wettbewerbsvorteil

    Agile Unternehmen können Produkte und Dienstleistungen schneller auf den Markt bringen, schneller auf Markttrends reagieren und so ihre Wettbewerbsposition verbessern.

  • Effizienzsteigerung

    Agile Methoden helfen, Engpässe zu identifizieren und zu beseitigen, wodurch Prozesse optimiert werden.

  • Weiterentwicklung

    Durch eine Kultur des Lernens und kontinuierlichen Verbesserns lernen resiliente Unternehmen aus Erfahrungen und entwickeln sich ständig weiter.

  • Kundenzentrierung

    Unternehmen können zeitnah auf die Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Kunden eingehen und diese in ihre Entscheidungsprozesse einbeziehen.

  • Mitarbeiterzentrierung

    In der Unternehmenskultur werden die Mitarbeitenden ermutigt und befähigt, Entscheidungen zu treffen und innovativ zu sein. So können sie ihre Fähigkeiten und Talente voll einbringen und sich fortlaufend weiterentwickeln.

  • Wertstromorientierung

    Im Unternehmen herrscht ein Verständnis der gesamten Wertschöpfungskette. Der Wertstrom kann kontinuierlich optimiert und angepasst werden, um die Kundenzufriedenheit zu maximieren und Verschwendung zu minimieren.

  • Ressourcennutzung

    Durch den ständigen Fokus auf wertbringende Aktivitäten wird sichergestellt, dass Ressourcen optimal genutzt werden.

Herausforderungen bei der Einführung von Business Agility

  • Widerstand gegen Veränderungen

    Häufig stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Veränderungen skeptisch gegenüber, besonders wenn sie traditionelle Arbeitsmethoden gewohnt sind.

  • Schulungsbedarf

    Es ist notwendig, umfangreiche Schulungen und Workshops durchzuführen, um alle Mitarbeitenden zu befähigen.

  • Übergangszeit

    Die Transformation zu einem agilen Unternehmen kann Jahre dauern und erfordert Geduld und Durchhaltevermögen.

  • Fehlende Führung

    Ohne ein engagiertes Management, das die Agilität unterstützt, können Anstrengungen zur Einführung der Agilität ins Stocken geraten.

  • Mögliche Kosten

    Investitionen in neue Technologien, Schulungen und möglicherweise externe Coaches können erforderlich sein.

  • Kommunikationsherausforderungen

    Mit der Einführung agiler Methoden kann es anfangs zu Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Teams kommen.

Die Einführung von Business Agility ist ein kontinuierlicher Prozess des Lernens und Anpassens, doch letzten Endes sind die Vorteile trotz der Herausforderungen für viele Unternehmen den Aufwand wert. In einer Welt, die sich ständig weiterentwickelt, ist die Fähigkeit der Resilienz für Unternehmen von unschätzbarem Wert. Es ist sinnvoll, diesen Ansatz zu berücksichtigen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um Dein Unternehmen für die Zukunft zu rüsten. Wer beständig auf „Das haben wir aber immer so gemacht“ beharrt, muss sich in den kommenden Jahren sicherlich größere Sorgen um seine Zukunft machen.

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